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Löschwasser: Heftige Diskussion im Gemeinderat

Gemeinderat lehnt Verpflichtung der Grundeigentümer im Außenbereich ab

Eine Abstimmungsniederlage musste die Verwaltung am Donnerstagabend bei der Löschwasserversorgung hinnehmen. Der erwünschte Beschluss zur Zuständigkeit der Hauseigentümer im Außenbereich kam nicht zustande.

Schramberg. Nach einer ausführlichen Diskussion im Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) hat sich auch der Gemeinderat mit dem Thema befasst. Anders als in den Ortschaftsräten und im AUT wollte der Gemeinderat keinen Grundsatzbeschluss fassen, wonach die Nutznießer künftig für die Löschwasserversorgung im Außenbereich verantwortlich sind.

Schon in der Einwohnerfragestunde hatte dazu Dr. Josef Günter kritische Fragen an die Stadtverwaltung gerichtet. Der frühere Gemeinderat wollte etwa wissen, welche Kosten auf die Betroffenen zukämen. Auch interessierte ihn, was passiere, wenn ein Löschteich nicht ordnungsgemäß betrieben werde.

Josef Günter als Fragesteller. Fto: him

Oberbürgermeisterin Eisenlohr sprach von „drei Millionen Euro plus“ bei den Kosten, würde es die Stadt machen.

Martin Moosmann ebenfalls aus Tennenbronn kritisierte, dass Bewohner des Innenbereichs nichts zahlen müssten. Im Innenbereich würden sich die Hauseigentümer über die Erschließungsbeiträge an den Kosten beteiligen, entgegnete Eisenlohr. Auf jeden Fall werde man sich jeden Einzelfall anschauen und schauen, was erforderlich ist.

Gegenwind im Rat

Unter Tagesordnungspunkt 8 wies Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß darauf hin, dass die Verwaltung fachlich nicht in der Lage sei, aus der Bedarfsanalyse zur Löschwasserversorgung einen entsprechenden Maßnahmenkatalog abzuleiten. Im Ausschuss war die Frage aufgekommen, ob man das 30.000-Euro- Gutachten wirklich brauche.

In der Diskussion waren sich die Rätinnen und Räte einig, dass „oberste Priorität die Rettung von Menschenleben“ hat.

Bürokratiemonster

Die von der Stadt angepeilte Lösung, die Nutznießer im Außenbereich grundsätzlich für das Bereitstellen von Löschwasser verantwortlich zu machen, fand dagegen die Mehrheit so nicht ok. Thomas Brantner (CDU) sprach von einer kostenintensiven und bürokratischen Lösung. Man solle sich Beispiele von anderen Orten anschauen, die kostengünstiger und „ohne unnötige Belastungen für den kommunalen Haushalt“ die Löschwasserversorgung im Außenbereich schafften. Er beklagte, „ein bürokratisches Monster“ werde aufgebaut.

Dass die Verantwortung und das Risiko auf die Eigentümer verlagert werden sollen, hielt Brantner für falsch. Das solle man erst tun, wenn alle Alternativen ausgeschöpft seien.

Nur der Ist-Zustand erfasst

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr versicherte, über die zu ergreifenden Maßnahmen werde erst im nächsten Schritt entschieden. Bisher habe man nur den Ist-Zustand analysiert.

Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß wies darauf hin, die erforderlichen Maßnahmen würden „in den kommenden Jahren“ erarbeitet und dann umgesetzt. Vorher würden diese Vorschläge im Gemeinderat vorgestellt und beschlossen.

Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß. Foto: him

Mit Punkt vier der Beschlussvorlage, dass die Eigentümer grundsätzlich verantwortliche seien, würden „Fakten geschaffen, die vielleicht nicht nötig sind“, klagte Brantner. Seine Fraktion wolle erst mehr zu Folge- und Gesamtkosten wissen.

Stadt ist verantwortlich

Rehfuß merkte an, derzeit sei die Stadt für die Löschwasserversorgung verantwortlich. Das habe auch haftungsrechtlich Konsequenzen. Bei den Kosten, schätzt Rehfuß, kämen auf die Stadt „drei Millionen Euro plus“ zu. Es sei tatsächlich ein bürokratisches Monster, wenn die Stadt 200 Höfe betrachten müsse. Angesichts der Haushaltslage habe die Stadtverwaltung keine andere Möglichkeit gesehen, als die Nutznießer in die Verantwortung zu nehmen.

Versicherungsschutz weg?

Peter Bösch (CDU) fragte nach dem Versicherungsschutz. Er selbst sei betroffen. Was geschehe, wenn sein Löschwasserteich nur halb voll sei? Dann sei der Versicherungsschutz weg. Es gebe in Nachbarkommunen auch andere Lösungen. Da würden Landwirte mit ihren Wasserfässern einbezogen. Das habe sich bei bisherigen Feuerwehrproben bewährt.

Grundschutz ist nicht gleich Objektschutz

Stadtbrandmeister Patrick Wöhrle wies, wie schon eine Woche zuvor im Ausschuss für Umwelt und Technik, auf den Unterschied zwischen Grundschutz, sprich der Menschenrettung, und Objektschutz hin. Für die Rettung von Menschenleben, aber auch für den Eigenschutz der Feuerwehrleute müsse es ausreichend Löschwasser geben.

Da komme es auf Minuten an. Bei einem Waldbrand könne man die Landwirte und die Fässer einsetzen. Für den Grundschutz müssten die Landwirte 24/7 in Bereitschaft sein, die Tanks jederzeit voll.

Feuerwehr unterwegs im Außenbereich von Tennenbronn. Archiv-Foto: him

Pendelverkehr utopisch

Würde man das Wasser im Pendelverkehr in den Außenbereich schaffen wollen, wären bis zu 14 Tankfahrzeuge erforderlich. Würde man einen großen Tank anschaffen, würde der auf einem 26-Tonner mit drei Achsen montiert. Wie der nachts bei Schnee auf den engen Sträßle im Tennenbronner Außenbereich zum Brandort kommen solle, frage er sich. Was geschehe, wenn ein solches Fahrzeug ausfällt? Rechtlich sei dann die Stadt in der Haftung.

Kompromiss möglich?

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) erklärte, auch in ihrer Fraktion habe man „intensiv über das Thema diskutiert“. Auch sie wollten nicht die gesamte Verantwortung auf die Bewohner im Außenbereich verlagert wissen und fragten, ob es da keine Kompromisse gebe.

Es könnten sich doch Betroffene zu Gruppen zusammentun, die die Stadt wiederum unterstütze. Auch wollte sie wissen, ob bei den Löschteichen eine schnelle Verbesserung möglich wäre.

Rehfuß meinte, einige der Teiche seien eher Biotope. Ausbaggern sei möglich, aber teuer. Unklar sei bisher, wer zuständig ist, die Kommune oder die Besitzer. „Das müssen wir regeln.“

Traktor mit großem Tank? Für die Feuerwehr keine Lösung. Archiv-Foto: him

Löschteiche in Tennenbronn

Tennenbronns Ortsvorsteher Manfred Moosmann erinnerte daran, dass in den 90er Jahre der damalige Feuerwehrkommandant Lothar Muhr ein Löschteichkonzept erarbeitet hatte. Mehrerer Gehöfte hätten gemeinsam Teiche angelegt, manchmal auch in größerer Entfernung zueinander von einem Kilometer und mehr. Damals beteiligte sich das Dorf an den Kosten.

Nicht klar geregelt war aber, wer für den Unterhalt zuständig ist. Damals habe der Bauhof noch schweres Gerät gehabt und damit geholfen.

Moosmann wies daraufhin, dass heutzutage Bauwillige im Außenbereich für eine Löschwasserzisterne sorgen müssen.

Bei einem Traktorbrand im Juni 2018 bei Tennenbronn musste die Feuerwehr im Pendelverkehr Löschwasser zum Brandort bringen. archiv-Foto: him

Offene Fragen

Udo Neudeck (Freie Liste) sah viele offene Fragen etwa bei den Teichen oder bei der Fahrzeuglösung. Es bestehe

die Stadt in der Verantwortung. Er sah die Gefahr, dass im Fall, dass die Verantwortung an die Nutznießer übertragen wird, eine Versicherung nicht zahlen würde.

Nach einem Antrag zur Geschäftsordnung von Ralf Rückert (Freie/Neue Liste) gab es zunächst Verwirrung um die Redeliste. Laut Kommunalordnung durften noch alle, die auf der Redeliste standen, ihre Statements abgeben. Nach der eigenen Schramberger Geschäftsordnung allerdings nicht. Eisenlohr hielt sich an die Kommunalordnung – und so konnte Oskar Rapp (Freie/Neue Liste) noch darauf hinweisen, dass die Analyse der Fachleute seiner Ansicht nach fehlerhaft sei.

Abwasserbeseitigung im Außenbereich war auch langwierig

Die Leiterin der Baurechtsabteilung Linda Niebel verglich die Situation mit der bei der Abwasserbeseitigung im Außenbereich vor etwa 20 Jahren. Das sei auch ein jahrelanger Prozess gewesen, bis alle Themen (und das Abwasser) geklärt worden seien. Sie fand wichtig, dass die Eigentümer wüssten, dass da etwas auf sie zukommen kann.

Jürgen Reuter (Aktive Bürger) beklagte, dass die Stadt eigentlich seit 17 Jahren wisse, dass sie in der Verantwortung sei. Er berichtete von einem Traktor mit Fass, der bei der Bundeswehr im Einsatz sei. Er wollte wissen, was so etwas koste und was die Stadt unternehmen will, “bis die Löschwasserversorgung erledigt ist“. Bösch schlug vor, die Stadt solle die Betroffenen der verschiedenen Ortsteile an einen Tisch holen und gemeinsam nach Lösungen suchen.

Lara Inge Kiolbassa (SPD-Buntspecht) erkundigte sich, ob die Stadt tatsächlich jeden der 200 Einzelfälle prüfen soll. Das sei so, bestätigte Rehfuß.

Eisenlohr plädierte dafür, den Grundsatzbeschluss zu fassen. Das sei „einfach ehrlich“. Sonst würde man den Menschen „ein paar Monate Hoffnung machen, um ihnen später zu sagen, wir können es uns nicht leisten.“

Wenige Gegenstimmen

Es half nichts. Der Rat beschloss mit großer Mehrheit, die Verwaltung nur zu beauftragen die notwendigen Maßnahmen beim Löschwasser erarbeiten zu lassen. Die dafür erforderlichen 30.000 Euro hat der Rat ebenfalls gebilligt. Dagegen haben gestimmt: Michael Melvin und Peter Bösch (beide CDU) und die beiden Aktiven Bürger Jürgen Reuter und Frank Kuner.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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